Junker-Hansen-Turm
Er ist das Wahrzeichen der Stadt Neustadt in Hessen. Mit einem Durchmesser von 12,60 m und einer Gesamthöhe von 48,80 m ist der Junker-Hansen-Turm der größte erhaltene Fachwerkrundbau der Welt mit eigenem Eintrag in Guinness-Buch der Rekorde.
Geschichte
Errichtet wurde dieses imposante Gebäude um 1480–1483 vom landgräflichen Baumeister Hans Jakob von Ettlingen. Auftrag- und Namensgeber war Hans von Dörnberg, Hofmeister des hessischen Landgrafen Heinrich III. und seit 1477 alleiniger Pfandherr von Neustadt.
Ein prächtiger, doch unvollendeter Turm
Im Rahmen seiner Neubefestigung von Burg und Stadt Neustadt hatte Junker Hans eine gewaltige Festungsanlage geplant, von der dieser Turm die südöstliche Bastion bilden sollte. Drei weitere Ecktürme waren vorgesehen, wurden jedoch ebenso wenig ausgeführt wie der Umbau des mittelalterlichen Palas selbst. Lediglich der Süd-West-Trakt sowie dieser prächtige Turm wurden vollendet. Ob der Baustopp auf Geldmangel zurückgeht oder politische Gründe hatte, ist nicht überliefert.
Im Junker-Hansen-Turm verbinden sich Wehr- und Wohncharakter mit den hohen Repräsentationsansprüchen Dornbergs. Dieser hatte mit Hans Jakob von Ettlingen einen der führenden Festungsbaumeister seiner Zeit gewonnen, der hier sein ganzes Können unter Beweis stellte. Im Innern führt eine steinerne Spindeltreppe in den Turmschaft mit je 3,5 m hohen Fachwerkgeschossen, die getrennt verzimmert wurden.
Handwerkliche Kunstfertigkeit
Die hier angewandte Rähmbauweise zeigt die hohe Kunstfertigkeit der Handwerker. Die komplex ineinander verschränkte Geometrie des Gebälks und das steil aufragende Schieferdach mit den vier eleganten Erkertürmchen sind wahre Meisterleistungen auf dem Gebiet der Baukunst. So spiegelt Junker-Hansen-Turm wie kaum ein anderes erhaltenes Bauwerk den hochentwickelten Stand der Technik im ausgehenden 15. Jahrhunderts wider.
Mutmaßungen über Nutzungen
Über seine konkrete Nutzung im Laufe der Jahrhunderte ist wenig bekannt. Außer zur Verteidigung diente dieser Batterieturm wohl administrativ-repräsentativen Zwecken. Ein reiner Wohnturm war er sicher nicht, auch als Speicherbau wird er wegen der engen Treppen und der fehlenden Außenöffnungen kaum genutzt worden sein. Im 19. Jahrhundert fungierten die unteren Geschosse zeitweilig als Gefängnis. Heute beherbergt er eine Dauerausstellung zu seiner Geschichte und wird von der Stadtverwaltung als Standesamt genutzt.
Authentische Erscheinung
Das Besondere am Junker-Hansen-Turm ist, dass er die vielen Kriege fast unbeschadet überdauert hat und sich außerdem ca. 90 % originale Bausubstanz erhalten haben. Dank der Wiederherstellung der historisch belegten Schieferabdeckung an der Wetterseite sowie der aufwändigen Neueindeckung des Daches präsentiert er sich heute in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild.