Geschichte
Wer Schloss Bad Homburg mit seinem Park besucht, unternimmt einen Schnelldurchlauf durch die Jahrhunderte. Im Schlossbezirk der heutigen Kurstadt vor dem mittelhessischen Taunusgebirge treffen verschiedene Zeitschichten scharf und anregend aufeinander. Die bauliche Anlage vereinigt den Weißen Turm, einen Rest der mittelalterlichen „Hohenburg“ und jetzt Wahrzeichen der Stadt, mit einem frühbarocken Schloss sowie einigen späteren Zutaten der preußischen Könige und deutschen Kaiser. Auch der zweigliedrige Schlossgarten ist in über 300 Jahren gewachsen, die Anfänge reichen noch weiter zurück. An dem Ort konzentrierter Geschichte haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen ihren Hauptsitz.
Aus der Burg wird ein Schloss
Hessen-Homburg war ein Zwergstaat im Heiligen Römischen Reich und im Deutschen Bund. Erst nach den Kriegen gegen Napoleon sollte es 1815 volle Souveränität erlangen. Für einen respektablen Regierungssitz hatte Friedrich II. (1633-1708) gesorgt, indem er die alte Burg mit Ausnahme des Bergfrieds abreißen ließ. Von 1679-1686 errichtete ihm Baumeister Paul Andrich wuchtig, aber kasernenartig nüchtern ein frühbarockes Schloss (samt Kirche und Grablege), das bildreiche Portale schmücken. Aus einem sprengt der Bauherr der „Friedrichsburg“ zu Pferde als vollplastische Gestalt heraus. Dem Landgrafen ging schließlich das Geld aus und seinen Nachfolgern fehlte es chronisch, so dass die Gebäude den oberen von zwei Höfen nicht umschließen. Die Lücke bietet seitdem allen Besuchenden herrliche Ausblicke in die Natur.
Heimat des Kleist'schen "Prinz Friedrich von Homburg"
Dem ruhmreichen und kriegsversehrten Friedrich, den der Dichter Heinrich von Kleist in „Prinz Friedrich von Homburg“ nach einem Schlachtort von 1675 zum „Helden von Fehrbellin“ erklärte, kommt im Wesentlichen das bauliche Erbe zu. Um die Gartenkunst machten sich dagegen das Landgrafenpaar Friedrich V. (1748-1820) und Karoline (1746-1821) sowie deren als britische Königstocher geborene Schwiegertochter Elizabeth (1770-1840) verdient. Denn der Schlosspark mit einigen barocken Strukturen nebst Orangerie erfuhr eine naturnahe Umgestaltung nach englischer Gartenmode und wurde ergänzt um eine in dieser Art einzigartige Landschaft: An einer nordwestlichen Achse reihten sich Gärten und gestaltete Waldpartien auf 360 Hektar und über zehn Kilometer schnurgerade auf. Das heute teilweise rekonstruierte Gesamtkunstwerk verband philosophische Ideale, Ästhetik und Nutzbarkeit. Leider ist der einstige enge Zusammenhang von Schlosspark und Landgräflicher Gartenlandschaft nicht mehr gegeben. Ihre Bedeutung als Gesamtkunstwerk ist jedoch unbestritten und wurde 2022 durch die Aufnahme in das Europäische Gartennetzwerk EGHN (European Garden Heritage Network) unterstrichen.
Witwenwohnung und Kaiser-Appartements
Unvergänglich, wie Zeitkapseln, präsentieren sich dagegen zwei museale Trakte in verschiedenen Flügeln des Schlosses: Die Witwenwohnung der englischen Landgräfin „Eliza“ mit biedermeierlichem Mobiliar und klassizistischer Raumkunst aus dem ersten Viertel des 19. Jahrhunderts. Herzstück und größter touristischer Anziehungspunkt sind die kaiserzeitlichen Appartements, die besonders der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) und seine Frau prägten. Es sind die einzigen, weitgehend authentisch eingerichteten Privat- und Repräsentationsräume der Hohenzollern-Herrscher, die in der Bundesrepublik noch erhalten sind. Zu diesem Erinnerungsort der Geschichte in der deutschen Museumlandschaft gehört auch ein Stück rekonstruierter Gartenkultur wie zu Kaisers Zeiten: Teppichbeete im oberen Schlosspark.