Geschichte

Staufisches Machtzentrum

Man braucht etwas Fantasie, um sich heute die Kaiserpfalz Gelnhausen inmitten ihrer Reste als ein Machtzentrum des damals riesigen Heiligen Römischen Reiches vorzustellen. Unter der Herrschaft der Kaiser Friedrich I. Barbarossa (um 1122-1190) und Heinrich VI. (1156-1197) reichte es von der Nord- und Ostsee bis an die Küsten des Mittelmeeres. Mit den beiden wichtigsten Vertretern der Staufer-Dynastie, ihrer Wirtschafts- und Kulturförderung erlebte Gelnhausen einen kräftigen Aufschwung. Dort wurde regiert, doch stets nur vorübergehend: Mangels fester Residenzen zogen noch im 12. Jahrhundert Könige (meist auch zu Kaisern gekrönte) samt Hofstaat von einer Niederlassung zur nächsten. Als solche Station ließ Barbarossa (ital. Rotbart) um 1169/70 auf einer Kinziginsel eine Wasserburg gründen, die verkehrsgünstig an der Handelsstraße Via Regia lag, und fasste drei zu einer Stadt erhobenen Siedlungen (darunter „Geilenhusen“) zusammen.

Kaiserpfalz Gelnhausen, Burgmannenhaus

Das heutige Museum war ursprünglich ein Burgmannenhaus.

Foto: Stephan Peters, 2011

Kaiserpfalz Gelnhausen, Torhalle

Die Torhalle ist der einzige vollständig erhaltene Raum der Pfalz.

Foto: Michael Leukel, 2019

Kaiserpfalz Gelnhausen

Blick auf Turm, Torhalle mit darüber liegender Kapelle, sowie rechts der Säulenreihe des ehemaligen Versammlungssaals

Foto: Michael Leukel, 2019

Auseinandersetzung mit Heinrich dem Löwen

Die neue Pfalz – das Wort abgeleitet von lateinisch ‚palatium’ – wurde Verwaltungssitz samt Wirtschaftshof, Stätte der Rechtsprechung, der Empfänge, Feste und Reichstage. Einige Versammlungen mit weltlichen und geistlichen Fürsten sind bezeugt; die erste fand wohl schon 1180 in der Burg statt und brachte die berühmte „Gelnhäuser Urkunde“ hervor: Nicht auszuschließen ist, dass sich hinter der Fassade des Palas, von dem nur noch Bruchstücke stehen, der letzte Akt der Entmachtung eines Widersachers von Barbarossa abspielte: des Welfen Heinrich der Löwe (um 1129/30-1195). Ein einziger langer Satz dieser Urkunde resümiert die Vergehen des Herzogs. Der Beklagte selbst war nicht gekommen, in den zentralen Wohn- und Saalbau, der einmal drei Geschosse hatte.

Kaiserpfalz Gelnhausen, sogenannter Barbarossakopf

Der angebliche Barbarossa-Kopf an der Palas-Fassade ist eine Zutat des 19. Jahrhunderts

Foto: Michael Leukel, 2019

Steinmetze hinterließen hohe Kunst

Neben der Ruine des Palas sind ein viereckiger Torturm und eine zweischiffige Torhalle erhalten, über der sich Relikte einer Kapelle befinden. Ein Küchenbau ging verloren, ebenso Wohn- und Wirtschaftsgebäude, und ein Bergfried im Hof wurde wohl nie vollendet. Eine hohe Buckelquader-Mauer umgab den Komplex. Wenngleich man nur noch Überreste vorfindet: Unter den deutschen Stauferburgen ist die Architektur und Bauplastik der Gelnhäuser Pfalz mit oberrheinisch-elsässischen und südfranzösischen Formen die künstlerisch edelste. Höhepunkt ist die Ornamentik der Palas-Hoffassade mit Kleeblattbogenportal und gestaffelten Arkaden, wo kein Säulenkapitell dem anderen gleicht. Doch mit dem Ende der Staufer und dem System von Pfalzen im 13. Jahrhundert verlor die Anlage ihre Bedeutung. Ein langer Schwund setzte ein, beschleunigt durch die Nutzung als Steinbruch. Erst zur Mitte des 19. Jahrhunderts sicherte man die Burg gegen Verfall und Zerstörung.

Kaiserpfalz Gelnhausen, Adlerkapitell

Vier stehende Adler an diesem Kapitell symbolisieren die Macht des Kaisers

Foto: Michael Leukel, 2019

Kaiserpfalz Gelnhausen, Kapelle

Die Kapelle der Pfalz bestand früher aus zwei gleich hohen Schiffen

Foto: Michael Leukel, 2019

Kaiserpfalz Gelnhausen, Abort

An der südlichen Ringmauer ist ein originaler Abort-Erker erhalten

Foto: Stephan Peters, 2011