Königliche Neuzugänge
von Thomas Aufleger (M.A.)
Veröffentlicht am 29. Juli 2021
In der vergangenen Woche wurde die Sonderausstellung „Princess Eliza – Englische Impulse für Hessen-Homburg“ um zwei weitere, hochkarätige Leihgaben aus der Sammlung Eric Leonhardt ergänzt: in ihrem ehemaligen Schlafzimmer begegnen die Ausstellungsbesucher:innen unserer Protagonistin, Landgräfin Elizabeth von Hessen-Homburg (1770-1840), und ihrer Schwester Prinzessin Augusta Sophia von Großbritannien und Irland (1768-1840) in zwei Porträts des namhaften englischen Miniaturmalers Henry Edridge (1769-1821).
Die minutiös ausgeführten, zart aquarellierten Bleistiftzeichnungen datieren aus dem Jahr 1804 und zeigen die beiden Königstöchter bei standesgemäßer Betätigung: Eliza, wie sie sich selbst nannte, sitzt an einem mit Büchern und Papieren beladenen Schreibmöbel; nachdenklich hält sie inne und blickt von ihrem Briefbogen auf. Die um zwei Jahre ältere Augusta Sophia hingegen hat sich zur Lektüre in die weitläufigen Parkanlagen südlich von Schloss Windsor zurückgezogen, dessen Fassaden im Hintergrund zu sehen sind.
Who is this Lady?
Die Identität der Lesenden ist dabei nicht unstrittig: ein (später ergänztes) Namensschild auf dem Rahmen verweist tatsächlich auf eine weitere der zahlreichen Schwestern Elizas: Sophia (1777-1848), die – wie Augusta auch – unverheiratet blieb und zeitweise im Haushalt ihrer Nichte, der späteren Königin Victoria (1819-1901) lebte. Eine farblich leicht variierte Kopie des Blattes befindet sich jedoch im Besitz der Royal Collection [RCIN 917577]. Hier wird die Dargestellte, nicht zuletzt aufgrund eines auffälligen Ankers, den sie an einer Kette um ihren Hals trägt und der sich in einigen ihrer Porträts wiederfindet, als Augusta Sophia identifiziert.
Nicht zu lange sitzen lassen
Edridge, der seine Ausbildung zum Maler und Kupferstecher u.a. an der Royal Academy of Arts in London erhalten hatte, gelangte um 1800 zu großer Bekanntheit bei der britischen Aristokratie. Seine kleinformatigen Kompositionen, die einen repräsentativen Charakter mit der Intimität privater Atmosphäre zu verbinden wissen, erregten die Aufmerksamkeit von König George III. Spätestens seit 1799 beauftragte er den Künstler mit umfangreichen Porträtserien seiner nächsten Angehörigen. Auch die Bildnisse der Prinzessinnen Elizabeth und Augusta Sophia, die die Sammlung Eric Leonhardt jüngst aus dem Nachlass der 2017 verstorbenen Patricia Knatchbull, Countess Mountbatten of Burma erwerben konnte, zählen dazu. Sie entstanden während mehrwöchiger Aufenthalte im unmittelbaren Umfeld der königlichen Familie, wurden meist mehrfach kopiert und galten als begehrte Geschenke aus den Händen der Dargestellten. Dass Edridge während jenes Entstehungsprozesses jedoch einige Ausdauer und Geduld aufzubringen hatte, belegt die kurze Tagebuchnotiz seines Kollegen, des Landschaftsmalers Joseph Farington aus dem Jahr 1802: Edridge „muss seine Zeit abwarten und darf sie [die Prinzessinnen] nicht länger als eine Stunde sitzen lassen.“