Wertvolle Facsimilia der Sammlung Kindermann bereichern Bibliothek von Kloster Lorsch
Das UNESCO Welterbe Kloster Lorsch darf ab sofort einen Teil der kostbaren Sammlung Kindermann beherbergen. Am Welterbetag, den 2. Juni 2024, erfolgte eine Schenkung von 21 hochwertigen Facsimilia an die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG) durch das Ehepaar Erich Kindermann und Birgit Froese-Kindermann. Die bedeutendste Buchreplik des Konvoluts ist ein Krönungsevangeliar Karls des Großen.
"Wir werden die exquisiten Facsimilia nicht nur sorgsam behüten, sondern auf Anfrage oder im Rahmen von Ausstellungen oder Workshops der Öffentlichkeit zugänglich machen. Im Namen der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen danke ich dem Ehepaar Kindermann sehr herzlich für diese großzügige Schenkung und die damit verbundene Unterstützung unserer Arbeit", sagte SG-Direktorin Kirsten Worms. "Ich danke auch Dr. Hermann Schefers, dem Leiter der Welterbestätte, und seinem ganzen Team: Nur durch die qualitätvolle Arbeit, die hier in Lorsch geleistet wird, ist es möglich, dass so ein kostbarer Schatz hierher gegeben wird."
Dr. Hermann Schefers erinnert sich lebhaft an die kürzlich angetretene Reise nach Wien, wo er die Prachtbände abgeholt hatte: "Man hat sofort gesehen, dass hier passionierte Sammler leben: Ob Automobile im Kleinformat, Schiffsmodelle oder erlesene moderne Kunst, bibliophile Kostbarkeiten – und zu jedem Stück eine Geschichte! Auch zeitgenössische afrikanische Kunst hat Erich Kindermann zusammen mit seiner Gattin Birgit Froese-Kindermann gesammelt. Sie ist als „Sammlung Kindermann“ seit 2012 ein in sich geschlossener Bestand im Iwalewa-Haus der Universität Bayreuth und umfasst rund hundert bedeutende Artefakte, die hier, in der wohl größten Sammlung afrikanischer Gegenwartskunst unseres Landes, eine neue Heimat gefunden haben. Nun darf auch das Kloster Lorsch einen Teil der „Sammlung Kindermann“ beherbergen."
Zu der beeindruckenden Gruppe von Handschriften, die noch ganz in der Tradition heute längst verlorener antiker Prachtcodices stehen, gehört ein Krönungsevangeliar Karls des Großen. Die purpurgetränkten Ornamente des Evangeliars sind mit Flechtbandornamenten verziert, die den vier Evangelien einen besonders kostbaren Rahmen verleihen.
Darüber hinaus birgt die Sammlung weitere hervorragende Handschriftenrepliken, etwa das Evangeliar von Lindisfarne aus dem englischen Kloster gleichen Namens in Nothumberland, geschrieben und illustriert von Bischof Eadfrith, der 721 starb. Oder das reich illustrierte „Buch der Wunder“ von Marco Polo in einer französischen Handschrift des frühen 15. Jahrhunderts. Oder das Croy-Gebetbuch mit seinen Fabelwesen und Drolerien, eines der Hauptwerke flämischer Buchmalerei des frühen 16. Jahrhunderts. „Und so geht es weiter durch die Buchgeschichte, aus der verschiedenste erstklassige Beispiele in dieser Sammlung enthalten sind“, unterstreicht Schefers die Bedeutung und Einzigartigkeit der Sammlung von 21 Facsimilia mit einem Gesamtwert von rund 102.000 Euro.
"Die Werke sprechen für sich", sagt auch Birgit Froese-Kindermann, die ihren Mann Erich Kindermann bei der Zusammenstellung unterstützt hatte und sich nun erfreut zeigt, dass die Werke künftig für Bildungs- und Vermittlungszwecke eingesetzt werden.
"Das ist ein bedeutsamer Moment in einem Sammlerherz: Die gesammelten Werke sollen zugänglich gemacht und vermittelt werden. Das ist eine große Aufgabe. Ich bin dankbar, dass Sie sich dessen annehmen."
Birgit Froese-Kindermann
Patricia Scheuermann, Sammlungsleiterin im Kloster Lorsch, freut sich, dass Stück für Stück wieder eine Bibliothek im Kloster Lorsch entsteht, wo bereits zur Zeit Karls des Großen kostbare Handschriften bewahrt wurden, die mittlerweile weltweit verstreut sind. 2022 erfolgte mit der Sammlung Straka bereits eine Schenkung von erstklassigen Facsimilia an die Klosterbibliothek, die nun erneut bereichert wurde und weiter zu neuer Blüte erwächst.