Überblick und Einblicke: Große Linien der Geschichte und konkrete Lebenswelten in neuer Ausstellung zum Schloss Bad Homburg
Mit vielen Mitwirkenden haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG) zu einem ihrer Schlösser erstmals eine Dauerpräsentation für das Publikum erstellt. Sie kombiniert eine historische Gesamtschau mit konkreten Details. „Schloss Bad Homburg: vom Landgrafensitz zum Kaiserschloss. 1622 – 1866 – 1918“ führt in- und ausländische Gäste kurz, prägnant und bildreich durch die drei prägenden Epochen des Schlosses und des Schlossparks. Die am Mittwoch, den 10. November 2021, feierlich eröffnete Ausstellung ist Teil der Initiativen zum 75jährigen Jubiläum der Schlösserverwaltung.
Die Schau in vier Räumen des Königsflügels stellt in Deutsch und Englisch Wegmarken der Geschichte und bedeutende Mitglieder der beiden Dynastien vor, für die das Schloss eine Haupt- und Nebenresidenz, Regierungszentrale, Lebensmittelpunkt oder Erholungsort war: Sie umspannt die 244 Jahre währende Zeit der Landgrafen und Landgräfinnen von Hessen-Homburg sowie von 1866 an die Abschnitte mit der Hohenzollernfamilie, bzw. den preußischen Königen und Königinnen und später auch deutschen Kaisern und Kaiserinnen. Sie nimmt sowohl die lokale Geschichte als auch deutschlandweite Vernetzungen und den europäischen Kontext in den Blick.
Große Zusammenhänge und individuelle Lebenswelten
„Nach der Sanierung des Königsflügels und der Restaurierung der Kaiserlichen Appartements im Obergeschoss geben wir dem Publikum zum ersten Mal die Gelegenheit, abseits der Führungen die wichtigsten Fakten zur Historie dieses Schlosses zu erfahren“, sagt die Direktorin der SG, Kirsten Worms. „Unsere leitende Idee war, einen Überblick für Zusammenhänge zu geben und daneben das Schloss bis in kleinste Details als funktionierenden Organismus vor allem während der Besuche der kaiserlichen Familie zu schildern. Ich freue mich auch, dass wir die Aufmerksamkeit auf die Lebensläufe von weniger beachteten hessen-homburgischen Landgrafen und Landgräfinnen lenken, die aber ihre Zeit und die Geschicke des Schlosses sowie des Schlossparks wesentlich prägten.“
Ausstellungsinhalte ergänzen singuläre kaiserliche Wohnkultur
Die Präsentation vertieft vor allem das Alleinstellungsmerkmal des Bad Homburger Schlosses: Die Kaiserlichen Appartements sind deutschlandweit das letzte Beispiel der Wohnkultur Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) und seiner Frau Auguste Victoria (1858-1921) und erst seit wenigen Wochen wieder zu besuchen. Eine originale Einrichtung und Ausstattung existiert weder in Berlin und Potsdam, sondern nur noch im Huis Doorn, dem niederländischen Exilort des Paares nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches. Das Schloss im damals mondänen Kurort Homburg – seit 1912 mit dem Titel „Bad“ – wird auch als eine „Lieblingsresidenz“ vor allem des Monarchen vorgestellt. Insgesamt weilte er samt Hofstaat 48 Male vor Ort, bei einer Aufenthaltsdauer von wenigen Stunden bis mehreren Wochen.
Die leitende Kuratorin, Dr. Katharina Bechler, betont, dass die Schau auf wenig Raum einen größtmöglichen Bogen spannt. Von den mittelalterlichen Ursprüngen mit einer Vorgängerburg bis hin zum Ersten Weltkrieg und der Flucht des Kaisers aus Deutschland. Zudem wird ein Ausblick auf die folgenden Nutzungen des Schlosses gegeben, das heute Museum und Verwaltungssitz der SG ist. „Die Besucher und Besucherinnen erhalten zugleich sehr anschauliche Informationen über individuelle Lebenswelten in landgräflicher und kaiserlicher Zeit. Wir geben mit Exponaten, Modellen, historischen Aufnahmen, Karten, 3D-Simulationen und Filmmaterial auf Medienstationen neben interaktiven Elementen die Möglichkeit, in Biographien und viele Szenen der wechselhaften Geschichte einzutauchen.“ Verantwortlich für die Gestaltung der Ausstellung war das Stuttgarter Atelier Schubert.
Wissenschaftlicher Beirat entwickelte Ausstellung mit
Bechler erarbeitete die Ausstellung, die neue Forschungsergebnisse einschließt, mit ihrem Team: die Kunsthistorikerin Dr. Britta Reimann, die wissenschaftlichen Volontärinnen Christina Baingo und Ann-Kathrin Hartenbach sowie der wissenschaftliche Volontär Florian Tischler. Ihnen stand monatelang ein Wissenschaftlicher Beirat zur Seite. Aus seinem Kreis hat sich Prof. Dr. Werner Plumpe von der Goethe-Universität Frankfurt am Main für Ausstellungsinhalte auch textlich eingebracht. Seine Mitarbeiterin, Dr. Johanna Steinfeld, entwickelte einzelne Bausteine. Weitere wesentliche Beiträge lieferten die Rechtshistorikerin Prof. Dr. Barbara Dölemeyer und Expert:innen der Bad Homburger Stadtgeschichte.
Zur Ausstellung geht auch ein neuer Imagefilm zum Schloss Bad Homburg an den Start, den das Mainzer Media Atelier im Auftrag der Schlösserverwaltung erstellte. „Entdecken, Erleben, Bewahren. Schloss Bad Homburg. Vom Landgrafensitz zum Kaiserschloss“ entstand in der Regie von Jürgen Czwienk und unter der Moderation von Dr. Michael Maaser. Er ist er auf dem YouTube-Kanal der SG zu sehen.
Die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates in alphabetischer Reihenfolge:
Prof. Dr. Sabine Mecking, Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Philipps-Universität Marburg;Prof. Dr. Christoph Nonn, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; Prof. Dr. Werner Plumpe, Goethe-Universität Frankfurt am Main;Prof. Dr. Torsten Riotte, Goethe-Universität Frankfurt am Main; Prof. Dr. Christoph Martin Vogtherr, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg;Prof. Dr. Mirjam Wenzel, Jüdisches Museum Frankfurt