Podiumsdiskussion zum Eheglück Landgraf Friedrichs II. in der Schlosskirche Bad Homburg

Er ist wohl der berühmteste der hessen-homburgischen Landgrafen: Friedrich II. (1633-1708), der Landgraf mit dem „silbernen Bein“, literarisch verewigt durch Heinrich von Kleist als Held von Fehrbellin im Drama „Prinz Friedrich von Homburg“. Sein Lebensweg war dem dritten Sohn des ersten Landgrafen von Hessen-Homburg, Friedrich I. (1585-1638) keineswegs vorgezeichnet: Der Prinz, der zunächst nicht auf den Landgrafentitel hoffen durfte, verdiente sich in den Armeen Schwedens und Brandenburgs seine Meriten, bevor er 1681 nach dem Tod seiner beiden Brüder Regent der Landgrafschaft wurde. Wie er im Laufe seines Lebens den von Hessen-Darmstadt finanziell abhängigen Kleinststaat im Netzwerk der europäischen Fürstenhäuser etablierte, fasziniert die Forschung bis heute; ebenso wie die besonderen Lebensereignisse Friedrichs: Nicht nur, dass er im Zweiten Nordischen Krieg beim Sturm auf Kopenhagen 1659 seinen rechten Unterschenkel einbüßte und fortan eine Prothese trug. Vor allem seine drei Ehen mit Damen bedeutender europäischer Adelsfamilien geben bemerkenswerte Einblicke in die Konventionen und Besonderheiten der Epoche. Sie brachten dem Hessen-Homburger und seinem kleinen Staat am Taunus Geld und Renommee.

Anlässlich der Gründung der Landgrafschaft Hessen-Homburg vor 400 Jahren diskutierte am 18. Oktober eine Expert:innenrunde auf Einladung des Fachgebiets Museen der Staatlichen Schlösser und Gärten (SG) die Eheverbindungen Friedrich II. in der Schlosskirche.

Podiusmdiskussion

Dr. Katharina Bechler, Dr. Eva Bender, Prof. Dr. Inken Schmidt-Voges, Prof. Dr. Holger Gräf, SG-Direktorin Kirsten Worms, Prof. Dr. Ralph Tuchtenhagen, Prof. Dr. Barbara Dölemeyer

Foto: Susanne Király

„Erstmals stehen die drei Ehefrauen Landgraf Friedrichs II. von Hessen-Homburg gemeinsam im Rampenlicht: Die aus Schweden stammende Gräfin Margaretha Brahe, Prinzessin Luise Elisabeth von Kurland und schließlich Gräfin Sophie Sibylle von Leiningen-Westerburg-Oberbronn“, sagte Dr. Katharina Bechler, Leiterin des Fachgebiets Museen der SG, in ihrer Einführung. Bechler weiter: „Quasi als ´Schirmherrschaft´ unserer Veranstaltung befindet sich hier, hoch oben im Altarraum der Schlosskirche, das Allianzwappen, das Landgraf Friedrich II. anfertigen ließ. Er hatte Schlosskirche mit Gruft als eine sakrale Familiengedenkstätte errichtet. Das Wappenschild demonstriert an zentraler Stelle die große Bedeutung der drei Landgräfinnen.“

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Livestream Podiumsdiskussion Eheverbindungen Friedrich II.

Ehe statt Sold?

Die erste Gattin, Margaretha Brahe (1603-1708), stellte Prof. Dr. Ralph Tuchtenhagen (Nordeuropa Institut der Humboldt-Universität zu Berlin) vor. Er skizzierte Margaretha, Tochter eines der ältesten schwedischen Adelsgeschlechter, als durchaus selbstbewusste, liebenswürdige Frau, die in ihrer Funktion als Hofdame dreier schwedischer Königinnen eine zentrale Rolle am Stockholmer Hof innehatte. Ihre ersten beiden Ehen mit Bengt Bengtsson Oxenstierna und Johan Axelsson Oxenstierna waren kinderlos geblieben. Zumindest die zweite sei, so Tuchtenhagen, mit großer Sicherheit aufgrund einer tiefen beiderseitigen Zuneigung geschlossen worden. Ihr dritter Gatte, Landgraf Friedrich II., war bemerkenswerte 30 Jahre jünger als Margaretha Brahe, die zweifache, sehr vermögende Witwe. Tuchtenhagen: „Die Ehe zwischen Margaretha Brahe und Friedrich II. kann als Ergebnis der militärischen Dienste Friedrichs II. für Schweden während des Nordischen Krieges interpretiert werden. Friedrich versuchte in Stockholm Geld für seine Leistungen in der Armee von Karl X. Gustav einzutreiben, und es ist anzunehmen, dass Margaretha und ihr Vermögen ihn für das fehlende Bargeld in der schwedischen Staatskasse entschädigen sollten. Warum Margaretha ihrerseits die Verbindung einging, wissen wir leider gar nicht.“

Hessisch-schwedische Beziehungen

Diese Heirat war nicht der erste Kontakt zwischen Hessen und Schweden, wie Prof. Dr. Holger Gräf (Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde in Marburg) ausführte: „Um 1600 unterstützte der reformierte Kasseler Landgraf Moritz Karl von Södermanland, den Vater des späteren Königs Gustav Adolfs, gegen katholisierende Strömungen in Schweden und Polen. Einige der Söhne Moritz‘ dienten während des Dreißigjährigen Krieges im schwedischen Heer, und es wurden entsprechende Eheprojekte zwischen Kassel und Schweden auf den Weg gebracht. Beispielsweise heiratete Friedrich von Hessen-Kassel 1646 die Schwester des künftigen schwedischen Königs Karl X. Gustav. Er zeichnete damit einen Weg vor, den sein gleichnamiger Vetter, Landgraf Friedrich II. von Hessen-Homburg ein paar Jahre später ebenfalls einschlagen sollte.“

Zwölf Kinder mit der Engelsdicken

Über die Ehe von Friedrich und Margaretha ist wenig bekannt, allerdings gibt es auch keine Berichte über Liebschaften oder illegitime Kinder des jungen Ehemannes, den Gräfin Brahe zu ihrem Universalerben einsetzte. Als sie 1669 starb, erwarb Friedrich Ländereien in Brandenburg und heiratete nach Ablauf der Trauerzeit Luise Elisabeth von Kurland (1646-1690), eine Nichte des Großen Kurfürsten (von Brandenburg), mit der er zwölf Kinder hatte. „Allerliebste Dicke“ oder „Engelsdicke“ lauteten die Kosenamen, mit denen Friedrich seine Gemahlin in Briefen bedachte. Der Hessen-Homburger war ihretwegen zur calvinistischen Konfession gewechselt, ein Schritt der Abnabelung von Hessen-Darmstadt und hin zu einer engeren Verbindung mit dem ebenfalls calvinistischen Hessen-Kassel, wo Luises Schwester Marie Amalie bereits als Gattin Landgraf Wilhelm VI. lebte. Die Verbindung ihrer beiden Töchter war der Mutter, Louise Charlotte, zu verdanken, die mit viel Politikverständnis die Eheprojekte forcierte, wie die Marburger Historikerin Dr. Eva Bender darlegte.

Nachdem Luise – an sie erinnert bis heute die Bad Homburger Louisenstraße – 1690 starb, ehelichte Friedrich Gräfin Sophie Sibylle von Leiningen-Westerburg-Oberbronn (1656–1724). Laut Prof. Dr. Barbara Dölemeyer (em. Justus-Liebig-Universität Gießen) berücksichtigte der Landgraf bei den Heiratsüberlegungen „zum einen die bereits bestehenden dynastischen Beziehungen - seine Mutter Margarete Elisabeth war auch eine Leiningen-Westerburg - zum anderen aber die Anwartschaften auf Sophia Sibyllas Güter im Elsass und in Lothringen.“ Luise brachte drei Kinder aus ihrer ersten Ehe mit Johann Ludwig Graf zu Leiningen-Dagsburg-Falkenburg mit in die Beziehung und musste sich im Homburger Schloss als Stiefmutter um die vier jüngsten Kinder ihres Gemahls kümmern, die damals zwischen einem und zwölf Jahren alt waren.

Friedrich II Familienbild Hessische Hausstiftung

Das Familienbildnis von Friedrich II. kann in der Ahnengalerie des Schlosses besichtigt werden.

©Hessische Hausstiftung

Wappenschilder Friedrich II und seiner 3 Ehefrauen 1695

Das Wappenschild in der Schlosskirche zeigt die Wappen von Friedrich II. und seinen drei Ehefrauen.

Foto: Uwe Dettmar

Frauen als Netzwerkerinnen

Die Diskussionsrunde unter Moderation von Prof. Dr. Inken Schmidt-Voges (Philipps-Universität Marburg) stellte die Bedeutung des Netzwerks an Verbindungen zwischen den Familien des europäischen Hochadels heraus. „Es oblag jeder Familie, diese Netzwerke durch Heirat für sich zu nutzen, um den eigenen Status zu erhalten oder auszubauen,“ so Schmidt-Voges. Diese Familienpolitik bedurfte einer reichen Nachkommenschaft, daher wurden Ehen in der Regel möglichst früh geschlossen. Die erste Ehe Friedrichs II. ist hier eine deutliche Ausnahme, aber er stand als nachgeborener Prinz nicht so sehr in der Verpflichtung des Familienerhalts wie die älteren Brüder.

Den fürstlichen Frauen kam in ihren Familien eine wesentliche Rolle zu. Sie waren, so die einhellige Meinung nicht nur „Gebärmaschinen“, sondern vielmehr „Unternehmerinnen und Kommunikationsmanagerinnen“, die die Dynastie wirtschaftlich zusammenhielten und eine flexible und anpassungsfähige, dabei aber stabile Familienpolitik betrieben. So war die Heirat Luises mit Friedrich offensichtlich den Verbindungen ihrer Mutter zu verdanken. Ehen konnten für beide Familien Türöffner in neue Netzwerke und Kommunikationsräume sein. So auch für Hessen-Homburg, das sich durch die Verbindungen mit Familien aus dem Umfeld Hessen-Kassels von der Darmstädter Linie, denen sie entstammten, emanzipieren wollten; obwohl das Haus in den folgenden Jahrzehnten auch immer wieder den ehelichen Kontakt nach Südhessen suchte.

Wieviel Emotionalität in den Verbindungen Friedrichs und den fürstlichen Ehen der damaligen Zeit allgemein steckte, ist schwer zu fassen. Zu sehr war das Leben von Konventionen geprägt: Briefe zwischen adligen Ehepartnern waren nicht nur für die Privatschatulle bestimmt. Schreiberin und Schreiber standen in der Öffentlichkeit und nahmen in den Formulierungen Rücksicht auf fremde Leser oder eine mögliche posthume Verwendung. Zudem gehörte der Tod viel unmittelbarer zum Leben als heute. Die Lebensplanung war, bedingt durch die hohe Sterblichkeit in Kriegen, im Kindbett, im Säuglingsalter oder durch einfache Infektionen oder Verletzungen sehr volatil. „Die `Zwangsjacke` der adligen Ehe in der Frühen Neuzeit ist ein Verdikt des 19. Jahrhunderts, um die bürgerliche Liebesehe umso heller strahlen zu lassen“, befand Inken Schmidt-Voges. Es sei durchaus oft der Fall gewesen, dass sich zwischen Partnern in arrangierten Verbindungen eine tiefe Zuneigung oder zumindest ein intensives Vertrauensverhältnis entwickelt habe, so die Historikerin. Dieses darf auch für alle Ehen Landgraf Friedrich II. angenommen werden – aus den Quellen eindeutig belegbar ist es nicht.