Jahrhunderte vernachlässigt, bald ein touristisches Ziel – Kloster Konradsdorf

Wissenschafts- und Kunstministerin Angela Dorn besuchte am 1. August 2022 während ihrer Sommerreise Kloster Konradsdorf in der Wetterau. Zwei Gebäude geben noch Zeugnis von dem ehemaligen Konvent, das im ausgehenden 12. Jahrhundert nahe Ortenberg errichtet wurde: Die auch als Nonnenhaus bezeichnete Propstei und eine dreischiffige Pfeilerbasilika. Sie sind seit Jahren von Bauzäunen umgeben, denn die Anlage wird von der SG in enger Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH) instandgesetzt. Ende 2022 soll diese abgeschlossen sein, und das ehemalige Kloster, das heute inmitten der landwirtschaftlichen Staatsdomäne Konradsdorf liegt, etwa ab Mitte des kommenden Jahres ein touristisches Ausflugsziel der Gegend werden, wenn im Anschluss an die Baumaßnahme eine Informationsausstellung realisiert wurde.

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Staatsministerin Angela Dorn (3.v.r.) mit Kolleg:innen der Schlösserverwaltung und des LBIH

©SG, Foto: Susanne Király

Denkmalpflegerische Instandsetzung seit 2016

Ministerin Dorn ließ sich nach der Begrüßung durch den stellvertretenden Direktor der SG, Reinhard Kraus, von Dr. Anja Dötsch (Leitung Fachgebiet Bauangelegenheiten und Denkmalpflege) den Stand der Arbeiten erläutern. Beide Gebäude waren jahrhundertelang vernachlässigt worden und dienten dem landwirtschaftlichen Betrieb u.a. als Ställe und Scheune. In den 1990er Jahren wurde die Baugeschichte der Kirche umfassend erforscht. 2016 begann die Schlösserverwaltung mit der denkmalpflegerischen Instandsetzung der Propstei, bauliche und restauratorische Maßnahmen an der Kirche schlossen sich an. Die zweigeschossige Propstei und die Basilika wurden statisch-konstruktiv gesichert und saniert, die romanische Bausubstanz wieder sichtbar gemacht, konserviert und zum restauriert. Die SG betreut das Kloster denkmalpflegerisch, wissenschaftlich, liegenschaftlich und in der Vermittlung. Der LBIH ist als Bauherr zuständig.

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Dr. Anja Dötsch (r.) skizziert in der Basilika die Ergebnisse der Bauforschungen und die daraus resultierenden Instandsetzungsmaßnahmen.

©SG, Foto: Susanne Király

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Die neue Dachkonstruktion über dem nördlichen Seitenschiff gleicht der über archäologischen Grabungsbereichen.

©SG, Foto: Susanne Király

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In der Propstei soll künftig eine Ausstellung die (Bau-)Geschichte des Klosters vermitteln.

©SG, Foto: Susanne Király

„Wir wussten nicht, was uns erwartet,“ fasst Anja Dötsch die überraschenden Erkenntnisse zusammen, die sich bei den baulichen Maßnahmen immer wieder ergaben. „Bei den archäologischen Untersuchungen, die intensiv durch die Landesärchäologie unterstützt wurden, konnten wir beispielsweise die historische Erschließung der Propstei über eine Rampe nachweisen. Ebenso haben wir den romanischen Keller des Gebäudes entdeckt, der seit langem verschüttet war. Diese Erkenntnisse waren grundlegend für das denkmalpflegerische Instandsetzungskonzept.“ Dötsch freut sich auch besonders, dass das Kloster, das bisher nur einem illustren Fachpublikum bekannt gewesen sei, jetzt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könne.

Der stellvertretende Direktor der SG, Reinhard Kraus, bestätigte: „Die romanische Kulturlandschaft der Wetterau zwischen Büdingen und Münzenberg erhält in Ortenberg einen Schatz hessischer Klosterbaukunst zurück.“ Diese manifestiert sich auch in der qualitativ ausgesprochen hochwertigen Bauplastik, wie bemerkenswerten Säulenkapitellen oder Gewändefragmenten.

Hessen gewinnt ein Kulturdenkmal zurück

„Es ist ein faszinierendes Puzzle, das Sie hier Stück für Stück zusammengesetzt haben,“ zeigte sich Staatsministerin Dorn begeistert. „Meinen großen Respekt an sie als Team, das mit einem enormen Fundus an Wissen Hürden überwunden und gute Lösungen gefunden hat,“ bedankte sie sich bei den Kolleg:innen der Schlösserverwaltung und des LBIH. „Denkmäler und historische Zeugnisse der Vergangenheit unseres Landes dauerhaft und sicher zu erhalten, ist eine Zukunftsaufgabe, der sich die Hessische Landesregierung verschrieben hat. Wir wollen unsere Baudenkmäler nutzbar und lebendig erhalten – dafür ist Kloster Konradsdorf ein wunderbares Beispiel: In wenigen Monaten können wir diesen Ort und seine Geschichte den Besucherinnen und Besuchern in bestmöglichem Erhaltungszustand präsentieren. Und künftig werden verschiedene Initiativen das Kloster als Kulturstätte nutzen,“ so die Ministerin weiter.

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Vom oberen Stockwerk der Propstei geht der Blick weit über die Landschaft der Wetterau.

©SG, Foto: Susanne Király

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LBIH-Projektleiter Michael Heiduschka berichtet über die besonderen Herausforderungen auf der Baustelle eines romanischen Denkmals.

©SG, Foto: Susanne Király

Die beiden verbliebenen Gebäude sind die letzten Überreste des ehemaligen Prämonstratenserinnenstiftes Konradsdorf. Die Anlage war eine Schenkung Hartmanns von Büdingen, der im ausgehenden 12. Jahrhundert an der Stelle eines seit längerem besiedelten Ortes ein Hauskloster und eine Grablege seines Hauses gegründet hatte. Um 1190 übergab er es an den Erzbischof Konrad von Mainz, der es dem Prämonstratenserorden als Frauenkloster eingliederte. Kloster Konradsdorf wurde nach der Reformation 1581 säkularisiert und in einen Gutshof umgewandelt. Nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg gerieten die Gebäude in die Hände verschiedener Besitzer. Die landwirtschaftliche Nutzung zog den Verfall nach sich. Im 19. Jh. kam Konradsdorf an Hessen-Darmstadt, und ging schließlich als Gutshof in Staatseigentum über.

Die Instandsetzung der beiden Gebäude, der zugehörigen Umfassungsmauer und der Außenanlagen zwischen Kirche und Propstei wird aus Landesmitteln finanziert. Die Kosten für die gesamte Maßnahme belaufen sich auf rund sechs Millionen Euro. Hinzu kommen Ausgaben für die Ausstellung in der Propstei sowie für Infrastruktur auf dem Grundstück mit Ladestationen für E-Bikes und WLAN.

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Im Frühjahr 2023 wird die Baustelle nicht wiederzuerkennen sein: Dann soll Kloster Konradsdorf ein touristisches Ausflugsziel der Region werden.

©SG, Foto: Susanne Király