Kabinett für Karl Schmidt-Rottluff - endlich ein würdiger Rahmen

Für das Publikum waren die kleinen Skulpturen aus Bein schon eine Weile zu sehen. Am Dienstag aber, den 24. August 2021, ist das kleine Kabinett mit den Gästen der Kuratorin Edda Behringer-Roßwinkel offiziell eingeweiht worden. Schloss Erbach, in dem sich das kleine, sehr feine „Deutsche Elfenbeinmuseum“ befindet, besitzt von einem Meister der klassischen Moderne eine spezielle Werkgruppe: aus Knochen gefertigte Kunstwerke.

Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) gehört zu den bedeutendsten Vertretern des Expressionismus in Deutschland. 1905 gründete er gemeinsam mit Erich Heckel, Fritz Bleyl und Ernst Ludwig Kirchner die Künstlervereinigung BRÜCKE in Dresden. Neben farbintensiven Gemälden und ausdrucksstarken Graphiken gestaltete Schmidt-Rottluff zeitlebens auch viele Skulpturen, Reliefs und kunsthandwerkliche Arbeiten; darunter rund 40 Schnitzereien aus Bein – verstreut in verschiedenen Museen.

Geschickt genutzt: die Bräunung des Materials für dieses Gesicht

Geschickt genutzt: die Bräunung des Materials für dieses Gesicht.

© Staatliche Schlösser und Gärten Hessen, Foto: Michael Leukel

Allein zwölf dieser ungewöhnlichen Werke der Kleinkunst gehören seit 1972 zum Bestand des Deutschen Elfenbeinmuseums, dessen Sammlung bis 2018 noch in einem anderen Gebäude der Stadt Erbach untergebracht war. Der Gründungsdirektor des Museums, Hans-Werner Hegemann, hatte die exquisiten Arbeiten persönlich von dem damals in Berlin lebenden Meister erworben.

Zwischen 1943 und 1961 gefertigt, entstanden die feinen Reliefs und Bildschnitzereien wohl unter anderem in schwierigen Zeiten: Im Dritten Reich wurde der Künstler auf die Liste der „entarteten Kunst“ gesetzt. 608 seiner Werke entfernten Nationalsozialisten in den folgenden Jahren aus deutschen Museen. Schmidt-Rottluff zog sich mehr und mehr in eine innere Emigration an der pommerschen Ostsee zurück und widmete sich der Aquarellmalerei. 1941 erhielt er ein Berufsverbot und man schloss ihn aus der „Reichskammer der bildenden Künste“ aus. Dennoch arbeitete er weiter.

Der Körper dieser Figur wirkt wie ein Flechtwerk

Der Körper dieser Figur wirkt wie ein Flechtwerk.

© Staatliche Schlösser und Gärten Hessen, Foto: Michael Leukel

Später waren die Schnitzwerke mit Arbeiten der Elfenbeinkünstler Jan Holschuh und Wilhelm Wegel waren Werke Schmidt-Rottluffs 1960 auf Ausstellungen in Darmstadt und in der Schweiz zu sehen. Das Deutsche Elfenbeinmuseum Erbach widmet dem expressionistischen Künstler nun ein eigenes Kabinett. Dort werden außerdem Archivalien aus dem Museumsbestand gezeigt, Fotoaufnahmen seiner stilistisch verwandten Steinschnitte und Reproduktionen seiner Ehefrau Emy Schmidt-Rottluff (1885-1975) gezeigt, die den Beruf der Fotografin erlernte.

Die Einrichtung des Kabinetts nahm die Betriebsgesellschaft Schloss Erbach gGmbH vor, finanziell unterstützt vom Verein der Freunde und Förderer des Deutschen Elfenbeinmuseums sowie der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen.