Ankauf bei Auktionshaus Neumeister: SG erhält bei "Hidden Treasures. Schätze aus dem Hause Württemberg" Zuschlag für Stieler-Gemälde
Die Ahnengalerie des Schlosses Weilburg erhält einen erstklassigen Neuzugang: Bei einer Auktion haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG) für ein sehr seltenes, außerhalb einer fürstlichen Provenienz bislang unbekanntes Porträt von Erzherzogin Henriette Alexandrine von Österreich (1797-1829) den Zuschlag erhalten: Das 1820 entstandene Bildnis der geborenen Prinzessin zu Nassau-Weilburg stammt von dem herausragenden Porträtisten und Schöpfer der berühmten Nymphenburger Schönheitengalerie König Ludwigs I. in München, Joseph Stieler. Am Stammsitz des Herrscherhauses füllt es eine Lücke.
Den Ankauf für das Land Hessen haben die Ernst von Siemens Kunststiftung, die Kulturstiftung der Länder und die Hessische Kulturstiftung gerne und großzügig unterstützt. Die Schlösserverwaltung erwarb das lebensgroße Brustbild der damals 23 Jahre alten Erzherzogin am 30. März 2022 bei einer Versteigerung des Auktionshauses Neumeister in München für rund 53.000 €. Bei derselben Gelegenheit gelang auch der Ankauf eines Pastells von Henriettes Mutter, Fürstin Louise Isabelle zu Nassau-Weilburg (1772-1827), deren 250. Geburtstag die SG in diesem Jahr in Schloss Weilburg begeht. Der Maler der Arbeit aus dem frühen 19. Jahrhundert ist nicht bekannt.
Weilburgs dynastische Verbindungen mit Europas Hochadel
Beide Werke werden ab sofort für das Publikum zugänglich sein und bilden eine Einheit mit einem großformatigen Familienbildnis nach Johann Friedrich August Tischbein sowie einer im Rahmen eingespannten Stickerei von Louise Isabelle. Sie waren kürzlich als Dauerleihgaben in das Schloss gekommen. „Henriette Alexandrines gemaltes Konterfei ist eine Sensation und zusammen genommen bebildern die Porträts und die Darstellung der ganzen Familie die Erzählung zur Geschichte von Nassau-Weilburg im Schloss. Anhand des Stieler-Bildes wird die Vernetzung des Hauses mit anderen europäischen Dynastien in napoleonischer Zeit unterstrichen“, sagt die Direktorin der SG, Kirsten Worms.
Nach den Worten von Dr. Martin Hoernes, Generalsekretär der Ernst von Siemens Kunststiftung, stellt eine Auktion immer einen Nervenkitzel dar, „vor allem, wenn es sich bei den Kunstwerken um Kostbarkeiten aus einem ‚verlorenen Schatz‘ handelt“. Das Porträt wurde 1945 aus dem schlesischen Schloss Carlsruhe gerettet und sei lange Jahre in Transportkisten eingelagert gewesen. Im Besitz der Herzöge und Herzoginnen von Württemberg war das schwäbische Schloss Altshausen sein letzter Standort. Seit seinem Entstehen ist der Verbleib des Gemäldes über 200 Jahre ohne Unterbrechung unter der Nachkommenschaft der Erzherzogin und Schwägerin von Kaiser Franz I. nachweisbar.
Wertvollstes Porträt der Erzherzogin
Nach Ansicht des Generalsekretärs der Kulturstiftung der Länder, Prof. Dr. Martin Hilgert, hat ein solches Gemälde von Henriette Alexandrine in Schloss Weilburg bislang gefehlt. Der Erwerb des Gemäldes könne als besonders glücklich bezeichnet werden.“Es gibt nur wenige Portraits der mit 32 Jahren Verstorbenen. Das Gemälde ist eines von nur vier oder fünf Portraitdarstellungen und zugleich die künstlerisch Wertvollste.“ Es ermögliche künftig, die dynastischen Verknüpfungen der Stadt Weilburg, unter anderem mit den Häusern Bourbon und Wittelsbach, zu vermitteln. Diesen Kontext habe man vorher nur mit Leihgaben herstellen können.
Auch die Geschäftsführerin der Hessischen Kulturstiftung, Claudia Scholtz, ist erfreut über den Auktionserwerb des „historisch und künstlerisch“ wertvollen Porträts. “Das von dem beliebten Porträtisten Joseph Stieler gefertigte Gemälde überliefert uns einen lebendigen Eindruck der jung verstorbenen Erzherzogin von Österreich und Tochter des Hauses Nassau-Weilburg. Im Kontext des Weilburger Schlosses erzählt es von der bewegten Familiengeschichte zwischen persönlichem Glück, Politik und Religion, zwischen Lahn, Wien und dem napoleonischen Frankreich.“
Stieler als Modemaler der napoleonischen Ära
Die Komposition Stielers ist eine der letzten Arbeiten, die der in Mainz geborene Künstler und spätere Hofmaler der bayerischen Könige (1781-1858) noch in Wien ausführte. Es zeigt Henriette Alexandrine, die sich aus Liebe 1815 mit dem späteren Erzherzog Karl von Österreich in Weilburg vermählte, in einem weißen Chemisenkleid vor einem dunkelgrünen Hintergrund. Das ovale Bild hält ihre jugendliche Schönheit und ihr liebenswürdiges Wesen fest. In Dreiviertelwendung des Kopfes geht ihr Blick über die rechte Schulter direkt und eindringlich zu den Betrachtenden.
Durch die Verbindung eines repräsentativen Porträts mit lebendiger Augenblicksaufnahme leitete Stieler, ein Schüler von François Gérard, mit der aus dem französischen Klassizismus kommenden Malweise eine neue Ära der Porträtkunst in Deutschland ein. Er wurde ein Modemaler in der napoleonischen Ära. Stieler porträtierte nicht nur attraktive Frauen, sondern auch Berühmtheiten seiner Zeit wie den Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe, den Komponisten Ludwig van Beethoven oder den Forschungsreisenden Alexander von Humboldt.