Ein abgelegenes Stück im Osteinschen Niederwald oberhalb von Rüdesheim am Rhein war am Wochenende (21.-23. August) Schauplatz ungewöhnlich kreativer Einfälle. Unter der Leitung der Künstler Frank Nordiek und Wolfgang Buntrock vom Land Art Atelier in Hannover haben mehrere Teilnehmer*innen aus Materialien der Natur eine Reihe von Kunstwerken aus Holz, Stein, Moos und Gräsern gestaltet. Die Gebilde in dem historischen Parkwald, zusammengefügt ohne Nägel, Schrauben, Schnüre oder sonstige naturfremde Befestigungen, inszenieren Pflanzenwelt und Landschaftsausschnitte.
Bei den Werken von Tim Harz, Lana Franek, Florian Eisenlohr, Elisabeth Knirim, Johannes Hinse und Christian Dedek waren zum einen persönliche Motive auschlaggebend, etwa bei der Schaffung eines „kontemplativen Ortes“ zur Selbstbesinnung in der Natur oder als Darstellung von Stationen zum Auf und Ab einer Biographie. Zum anderen bestimmten ästhetische Umwertungen von biologischen Zerfallsprozessen die Schöpfungen und in welcher Weise man mechanisch wirkende Kräfte wie die Schwerkraft an Körpern aushebeln kann. Die Konstrukte bleiben – bis sie zerfallen – in einem Gelände nahe der sogenannten Großen Allee im Osteinschen Niederwald stehen.
Mit der Land Art-Initiative haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen Neuland betreten. „Ich freue mich über das Gelingen dieses für uns ungewöhnlichen Projektes“, sagte Kirsten Worms, die Direktorin der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten, am Mittwoch, den 26. Juli. „Im Hinblick auf die Buga2029 im Oberen Mittelrheintal suchen wir nach Möglichkeiten, dieses am Eingang zum Welterbe gelegene Gartendenkmal in neuer Weise und experimentell zu vermitteln.“ Die Künstler lehrten einen Umgang mit der Natur, der behutsam sei und zugleich Aufmerksamkeit auf den Schutz des Waldes lenke.
Der kurzfristig anberaumte Workshop für Landschaftskunst stellte einen Ersatz für eine bis zu vier Meter hohe Naturinstallation dar, die Nordiek und Buntrock ursprünglich im Juli realisieren sollten. Die Auftragsarbeit musste aufgrund der Einschränkungen in Folge der Corona-Pandemie für dieses Jahr abgesagt und auf 2021 verschoben werden. Ein Ergebnis des Workshops verweist aber bereits auf das Kommende: Es sind drei kleine aus Ästen zusammengefügte, circa ein Meter hohe Kugelbauten.
Sie spielen an auf einen künstlichen „Kohlenmeiler“, der einst als unterhaltende Architekturstaffage zu dem vom Grafen Karl Maximilian Karl von Ostein (1735-1809) vor über 250 Jahren eingerichteten „Zierwald“ gehörte. Die fantasievolle Struktur ist längst nicht mehr erhalten, doch in Reisebeschreibungen vom Ende des 18. Jahrhunderts mehrfach dokumentiert. Die Konstruktion war innen begehbar und verfügte über einen Kamin, der über Rohre den Rauch verteilte und nach außen aufsteigen ließ. So sah er wie ein echter Meiler zur Produktion von Holzkohle aus. Nordiek und Buntrock haben sich vorgenommen, eine Anmutung dieses „Kohlenhaufens“ zu bauen. Entwürfe dazu liegen der Schlösserverwaltung bereits vor.