Nachdem der Junker-Hansen-Turm im hessischen Neustadt komplett eingerüstet wurde, können die ersten Arbeiten zur Instandsetzung seiner Dächer beginnen. Im nächsten halben Jahr soll die alte Eindeckung der Dachflächen aus den 1970er Jahren abgetragen und durch schätzungsweise 20.000 Naturschiefer-Schindeln ersetzt werden. Das kündigten der Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen (LBIH) als Planer und Bauherr und die für Denkmalpflege zuständige Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten am Donnerstag, 12. Dezember, an. Der spätgotische Turm ist der größte historische Fachwerkrundbau der Welt und im Eigentum des Landes, das für die Erneuerung 660.000 € ausgeben wird.
Die Direktorin der Schlösserverwaltung, Kirsten Worms, und Neustadts Bürgermeister Thomas Groll freuten sich über das großzügige finanzielle Engagement des Landes. Dies ermöglicht die überfällige Generalüberholung der verwitterten und bemoosten Dächer des Hauptturmhelmes und der vier Erkertürme sowie einige begleitende Arbeiten etwa am Fassadenputz und am Holz des Fachwerkes. Worms sagte, dass in den vergangenen Jahrzehnten insgesamt schon rund zwei Mio € in die Bauunterhaltung des Junker-Hansen-Turmes geflossen sind. „Das Land hat sich immer gekümmert. Wir sind dankbar, dass regelmäßig die Mittel zur Verfügung gestellt werden und nun auch aus dem Sonderprogramm‚ Erhaltung des Historischen Erbes‘.“
Nach den Worten von LBIH-Projektleiter Karl Heinz Waschkowitz und seiner Kollegin Inka Klee werden die Dächer des 48,80 Meter hohen Turmes in Handarbeit auf circa 560 m2 in „altdeutscher Deckung“ mit robustem Schiefer belegt. Auch die Dachschalung werde erneuert. An den bisherigen Zementfaserplatten des zuletzt 1976 gedeckten Daches hatten sich zu viele Risse und Fehlstellen gebildet und auch Pflanzen abgelagert. Außerdem lasse man Regenfallrohre, Dachrinnen und Wasserspeier für eine verbesserte Entwässerung austauschen oder ergänzen. Ebenso werde der äußere Blitzschutz an dem Bauwerk modernisiert.
Die Sanierung der Dächer trägt künftig dazu bei, die technikhistorisch „einzigartige“ Holzkonstruktion des achteckigen Helms besser zu schützen. Sie war, so die Baudenkmalpflegerin Dr. Katarina Papajanni von der VSG, nach dem im Spätmittelalter neuesten Stand in „Rähmbauweise“ gezimmert worden. Papajanni kündigte an, dass 3-D-Scans von innen und von außen nicht nur für die weitere Erforschung des Bauwerkes, sondern künftig auch in der Vermittlung für das Publikum zum Einsatz kommen. Dies begrüßte Bürgermeister Groll, zumal Neustadt in 2022 das 750jährige Jubiläum seiner Stadtrechte und damit auch die Bedeutung seines Wahrzeichens feiere.
Foto: Katarina Papajanni ist für die denkmalpflegerische Betreuung des Junker-Hansen-Turms zuständig.
Den Junker-Hansen-Turm mit einem Durchmesser von 12,60 Metern hatte der landgräfliche Baumeister Hans Jakob von Ettlingen (um 1440-1507) als Teil der Stadtbefestigung in den Jahren 1481-1483 errichtet.
Später wurde das Gebäude, das in der Altstadt direkt neben dem Rathaus steht, als Wohnung genutzt.
Der Turm trägt den Namen seines Bauherrn, des oberhessischen Hofmeisters und einflussreichen Politikers Hans von Dörnberg (1427–1506).
In über 500 Jahren ist er nur wenig verändert worden. Bis zum Abschluss der Dachsanierung – voraussichtlich Mitte 2020 – muss der Junker-Hansen-Turm aus Sicherheitsgründen gesperrt bleiben.
Foto: Die Gerüststellung war dem LBIH zufolge eine logistische Herausforderung.