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„Ich setze auf das Pferd …“

Es dauerte eine Weile, bis sich der eigentlich technikbegeisterte deutsche Kaiser auch für Automobile zu interessieren begann. Motorenbetriebene Wagen waren 1886 zeitgleich von Benz und Daimler erfunden worden, doch erst kurz vor der Jahrhundertwende unternahm Wilhelm II. (1859-1941) im Fonds eines Daimler Phoenix eine erste Fahrt in Deutschland. Dieter Dressel, der Initiator des Museums „CENTRAL GARAGE“ in Bad Homburg und Experte für Automobilgeschichte, vermutet, dass er bereits bei der Verwandtschaft in England mit dem neuen Gefährt in Kontakt gekommen war. Am Mittwochabend, den 9. September 2020, wies Dressel in einem exzellent dokumentierten und mit seltenen historischen Bildern illustrierten Vortrag nach, dass anschließend bei dem Monarchen eine Begeisterung für Automobile einsetzte.

Direktorin Kirsten Worms begrüßt den Referenten Dieter Dressel im Schlosshof. Foto: SG
Direktorin Kirsten Worms begrüßt den Referenten Dieter Dressel im Schlosshof. Foto: SG
Dressels Vortrag setzte die von der Corona-Pandemie unterbrochene Reihe "Des Kaisers Spuren" fort. Foto: SG
Dressels Vortrag setzte die von der Corona-Pandemie unterbrochene Reihe "Des Kaisers Spuren" fort. Foto: SG

 

„Vom Ross zu Pferdestärken: War Kaiser Wilhelm II. ein Autofan?“ setzte sich nach längerer Corona-Pause die Reihe „Kaiser Wilhelm II. im Schloss Bad Homburg“ der Staatlichen Schlösser und Gärten fort, die Direktorin Kirsten Worms in 2019 initiiert hatte. Dressel überführte dabei den Kaiser einer wohl voreiligen Aussage, die bei dem Thema stets kolportiert wird, obwohl der Ursprung des Zitats bisher nicht aufgespürt werden konnte: „Ich setze auf das Pferd … Das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung.“ Zwar zündete sein Interesse spät, doch dann war es beständig und er beförderte als hochprominenter Käufer den Aufschwung der Automobilindustrie. 1904 holte der Kaiser ein Wagenrennen, das Motorgeschichte schreiben sollte, in die Nähe seiner Sommerresidenz Schloss Homburg. Und 1909 verfügte sein eigener Königlicher Marstall (Fuhrpark) schon über 24 Personenwagen verschiedener Marken – darunter Mercedes, Benz (die beiden Firmen fusionierten erst 1926), Fiat, NAG, Opel, Protos, Adler und Stoewer.

Damals so teuer wie ein Stadthaus, ein Benz von 1906. Foto: SG
Damals so teuer wie ein Stadthaus, ein Benz von 1906. Foto: SG
Ein Mercedes mit 28 PS aus dem kaiserlichen Marstall. (C)Dieter Dressel
Ein Mercedes mit 28 PS aus dem kaiserlichen Marstall. (C)Dieter Dressel

 

Mit einem Gespür für den richtigen Auftritt, „er war der Medien-Kaiser“, so Dressel, trug man 1904 auf seinen Wunsch den internationalen Gordon-Bennett-Cup bei dem wiederaufgebauten römisch-antiken Limes-Kastell Saalburg vor Homburg mit Pomp und Gloria aus. Dieses erste Rundkurs-Rennen auf deutschem Boden ging über (mehrfach befahrene) Strecke von 141 Kilometern durch den Taunus und zog schätzungsweise eine Million Zuschauer*innen an. Wilhelm ließ eine bombastische Doppel-Tribüne für 2.500 Menschen passend zum Freilichtmuseum im Stil eines römisches Zirkusses mit  Kaiser-Loge errichten. Sie stand nur drei Tage, habe mit 350.000 Goldmark jedoch so viel gekostet wie ein ganzes Kreiskrankenhaus. Der Wettbewerb, bei dem die Fahrer im Durchschnitt 90 km pro Stunde erzielten, war „Technisierung, Geschwindigkeit, Fortschritt“, sagte Dressel. Er gilt als die Geburtsstätte des deutschen Grand Prix-Sports. Zu des Kaisers Verdruss siegte jedoch nicht der Deutsche, sondern der Franzose Léon Théry (1879-1909).   

Die aufwändige Tribüne an der Saalburg beim Gordon-Bennett-Rennen von 1904. (C)Dieter Dressel
Die aufwändige Tribüne an der Saalburg beim Gordon-Bennett-Rennen von 1904. (C)Dieter Dressel
Kaiser Wilhelms Loge in der Tribüne an der Saalburg beim Gordon-Bennett-Rennen von 1904. (C)Dieter Dressel
Kaiser Wilhelms Loge in der Tribüne an der Saalburg beim Gordon-Bennett-Rennen von 1904. (C)Dieter Dressel
Der Sieger Théry mit einem Wagen des Herstellers Richard Brasier. (C)Dieter Dressel
Der Sieger Théry mit einem Wagen des Herstellers Richard Brasier. (C)Dieter Dressel

 

Das Publikum in Schloss Homburg wurde mit der technischen Entwicklung der Automobile vertraut gemacht und den mit der Zeit gehenden, sonderausgestatteten Wagen, die Wilhelm II. kaufte und in denen er sich chauffieren ließ. Sie begleiteten ihn auf seinen vielen Reisen, dienten bühnenwirksamer Auftritte, fehlten nach der Abdankung auch nicht im holländischen Exil und es war ein Automobil, das auch noch den Sarg des Hohenzollern zur Grabstätte in Doorn transportierte. Jemals selbst das Steuer zu lenken, war ihm aufgrund der Lähmung seines linken Armes nicht möglich oder es ziemte sich nicht für einen Kaiser. Dressel: „Er schätzte den Komfort und die Unabhängigkeit.“ Wilhelms jüngerer Bruder Prinz Heinrich von Preußen (1862-1929), der Erfinder des Scheibenwischers, konnte dagegen seine Faszination für Automobile aktiver ausleben. Er fuhr auch selbst Rennen. In seinem Namen, mit seiner Beteiligung, wurden 1908-1919 die sogenannten Prinz-Heinrich-Fahrten veranstaltet, für die er den Pokal gestiftet hatte.

Der Kaiser bei einem Besuch der Gelnhäuser Marienkirche im Jahr 1906. (c) www.lagis-hessen.de
Der Kaiser bei einem Besuch der Gelnhäuser Marienkirche im Jahr 1906. (c) www.lagis-hessen.de

 

Dressel gestaltete seinen Vortrag mit lebendigen Details: So blies er eine originale Fanfare, um den von Richard Wagners Gottes-Donner aus dem Ring des Nibelungen entlehnten Klang „heda! hedo!“ zu Gehör zu bringen, der gewöhnlich einem kaiserlichen Auto-Tross vorausschallte. Er zeigte ein Sammelstück vor, eine Mappe, die der Kaiser zur minutiösen Vorbereitung einer Fahrt in den Händen hielt. Als Anschauungsmodell hatte der Referent sogar einen Tourenwagen der Marke Benz 35/40 PS von 1906 mit geöffnetem Verdeck auf den Schlosshof gefahren. Er ist Teil der Sammlung im CENTRAL GARAGE-Automuseum. Dieses und ein anderes wilhelminisches Fahrzeug waren 2019 auch in einem Fernsehfilm zu sehen. Für Christoph Röhls Doku-Drama „Kaisersturz“ nach Motiven eines gleichnamigen Buches von Lothar Machtan war das ZDF auf ihn aufmerksam geworden. Er hatte ein Engagement als Komparse und Berater.

 

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