Dr. Kai R. Mathieu schildert die Entwicklung des Lorscher Klosters hin zum UNESCO Welterbe
Der ehemalige Direktor der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, Dr. Kai R. Mathieu, blickte in einem Vortrag am 21. Oktober 2021 im Museumszentrum von Kloster Lorsch zurück auf seinen Werdegang und auf die Entwicklung des Klosters hin zum UNESCO Welterbe und zu einer der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Hessens. Mathieu, der von 1982 bis 2003 Direktor war, hat diese Entwicklung entscheidend mitgeprägt.
„Als ich in meinem Studium der Kunstgeschichte und Archäologie mit mittelalterlichen Kulturdenkmälern wie Kloster Lorsch, der Einhardsbasilika, der Stiftsruine Bad Hersfeld oder Kloster Seligenstadt in Berührung kam, hätte ich nie gedacht, dass ich einmal zu deren Bewahrung beitragen darf.“ Am Beginn seiner Direktorentätigkeit sah sich Mathieu mit einer Fülle von Problemen und Fragestellungen konfrontiert. Er habe Defizite bei der Unterhaltung einiger Kulturdenkmäler gesehen, aber auch im Hinblick auf eine bürgernahe Repräsentation, so habe es beispielsweise noch keine Museumshops gegeben: „Hier in Lorsch wurden die Karten noch in einem der Treppenaufgänge der Torhalle verkauft, auch bei eisigen Temperaturen.“
Mathieu habe die Notwendigkeit der Umgestaltung des Klostergeländes erkannt und wollte den Besucher:innen Hilfe zu einem besseren Verständnis des Kulturdenkmals anbieten. Mit der Umgestaltung einher gingen wissenschaftliche Kolloquien, Forschungsarbeiten und Grabungskampagnen durch den Lehrstuhl für Mittelalterarchäologie der Universität Bamberg, die neue Entdeckungen auf dem Klostergelände zutage brachten. Diese ließen Rückschlüsse auf das mittelalterliche Klosterleben und die Klostergeschichte zu.
Diese Aspekte publiukumsnah zu vermitteln bildete ein weiteres Anliegen für Mathieu. „Zur Entwicklung eines qualitätsvollen museumspädagogischen Angebots wurde erstens ein größerer Personalstamm benötigt, zweitens ein Angebot für alle Zielgruppen, also Erwachsene und Kinder, und drittens eine überregionale Ausrichtung.“ 2003 wurde ein Zertifikatskurs für das Führungspersonal in Kloster Lorsch eingeführt, das dem stetig wachsenden Besucherstrom das Kloster näherbringen soll.
Dass das Kloster heute eine Vielzahl an Besucher:innen aus Hessen und der ganzen Welt anzieht, wird nicht zuletzt durch den Status als UNESCO Welterbestätte bedingt, den es seit 1991 inne hat. Auch hierzu trug der ehemalige Direktor Mathieu bei: „Ich stellte am Beginn meiner Direktorentätigkeit fest, dass es in Hessen noch keine Welterbestätte gibt – das wollte ich ändern. Das karolingische Erbe macht Kloster Lorsch zu einem Unikat, das die Grundlage für das Entreißen aus dem Vergessen bildete“, resümiert Mathieu.

1991 erhielt Kloster Lorsch den Welterbe-Titel der UNESCO, 1993 wurde die Urkunde überreicht: Bürgermeister Klaus Jäger, Bürgermeister a.D. Ludwig Brunnengräber, Staatsministerin Prof. Dr. Evelies Mayer, Dr. Bernd Droste zu Hülshoff, Gründungsdirektor des UNESCO-Welterbezentrums
Quelle: Dr. Kai R. Mathieu
Das Entreißen aus dem drohenden Vergessen gelang: Die Bewerbung bei der UNESCO, die im Gegensatz zu dem heute aufwendigen Bewerbungsprozess zu dieser Zeit nur aus wenigen Schreibmaschinenzeilen bestand, war erfolgreich. So wurde Kloster Lorsch am 13. Dezember 1991 der Status als Welterbe verliehen, wovon es bis heute profitiert. Mathieu freut sich über die positive Resonanz und die zahlreichen Auszeichnungen, die das Kloster auch über seine Direktorentätigkeit hinaus erhielt.
2021 darf das Kloster das 30jährige Jubiläum als UNESCO Welterbestätte feiern. Dies gibt Anlass für die Vortragsreihe, die sich am 18. November mit einem Vortrag von Dr. Dorothea Redeker fortsetzt, die über ein wegweisendes Vermittlungsmodell in Kloster Lorsch sprechen wird.