Happy Birthday, Eliza!

Die Ausstellung „Princess Eliza – englische Impulse für Hessen-Homburg“ erzählt zum 250. Geburtstag von Landgräfin Elizabeth von Hessen-Homburg (London 1770 – Frankfurt 1840) die faszinierende Geschichte der eingeheirateten britischen Prinzessin. In ihrer neuen Heimat entfaltete die wohl bedeutendste Landgräfin von Hessen-Homburg ein Feuerwerk an Aktivitäten zur Förderung der verarmten Landgrafschaft. Sie kam mit modernen Ideen aus Großbritannien, liebte ihre neuen Aufgaben und wollte nützlich sein.

Porträtminiatur Elizas

Unbekannter Künstler, Porträtminiatur Elizas, um 1821, Aquarell

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Porträtminiatur Friedrich Josephs

Unbekannter Künstler, Porträtminiatur Friedrich Josephs, um 1821, Aquarell

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Die Ausstellung spannt erstmals einen Bogen über alle bedeutenden Wirkungsbereiche von Elizabeth. Die vielseitig begabte Prinzessin brachte mit ihrem Ehemann Friedrich VI. Joseph von Hessen-Homburg erfolgreich den Aufschwung der damals verarmten Landgrafschaft voran. Verwaltungsreformen, karitative Projekte und Impfmaßnahmen begleiteten die Modernisierung der Infrastruktur. Eliza war Bauherrin am Homburger Schloss. Mit großer Passion erweiterte sie die Homburger Gartenlandschaft. Die Künstlerin und Sammlerin besaß zudem eine vielseitige Bibliothek und sorgte für britisch-deutschen Kulturtransfer in Hessen.

Verschiedene Themenkomplexe werden in zwei getrennten Bereichen des Schlosses und im näheren Umfeld vermittelt. Sie sind authentische Orte und als solche Exponate an sich: Der Englische Flügel steht für Elizas Homburger Lebenswelt. Erstmals kehren seit ihrem Tod Möbel, Grafik, Besteck oder auch ein Parfümflakon in das Schloss Homburg zurück. In der Historischen Bibliothek, die im Auftrag von Eliza errichtet wurde, und im Ahnensaal werden Biografie sowie künstlerische, bauliche und gartengestalterische Aktivitäten der lebenslustigen Landgräfin präsentiert: Karikaturen über die Vermählung des Paares im gestandenen Alter zeigen den beißenden Spott britischer Karikaturisten. Lackmalereien, Grafiken und Gemälde verdeutlichen die Vielfalt ihrer künstlerischen Techniken. Ein Butterstempel aus Elizabeths Meierei macht die Nähe der Landgräfin zur Landwirtschaft sichtbar. Dank neuer Forschungen in englischen Archiven erfahren wir, wie Princess Eliza Hunderte von Pflanzen aus Kew bei London nach Homburg liefern ließ. Diese grünen Importe leisteten einen bis heute wirksamen Beitrag zur Homburger Gartenkunst.

Prinzessin

Eliza wird als siebtes von 15 Kindern des britischen Königs George III. und seiner Frau Charlotte von Mecklenburg-Strelitz geboren. Die temperamentvolle und musisch hochbegabte Prinzessin verbringt ihre ersten 48 Jahre am elterlichen Hof, wo ihr Leben aber zunehmend von der Geisteskrankheit des Vaters und der massiven Kontrolle durch ihre Mutter geprägt wird. Eliza versucht daher immer stärker, dem für sie erdrückenden Hofleben zu entkommen und sich eine eigene Existenz aufzubauen. Ob es die ihr dabei immer wieder nachgesagten Liebschaften und die Geburt mindestens eines unehelichen Kindes allerdings tatsächlich gegeben hat, lässt sich bis heute nicht sicher belegen.

Sidwell Sanders, Mezzotinto-Porträt Elizas

George Sidwell Sanders (1810 – um 1878) nach Thomoas Gainsborough (1727–88), Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Elizabeth, 1878, Mezzotinto

Privatarchiv Bad Homburg / Foto: Uwe Dettmar, 2020

Eine digitale Ausstellungsstation zeigt Elizas „erstes Leben“ in London – mit seinen Sonnen- und Schattenseiten.

Künstlerin

Als Tochter des englischen Königspaars wurde Elizabeth sicherlich, wie auch ihre Schwestern, von bedeutenden Malern ihrer Zeit unterrichtet: Neben Joshua Reynolds, Thomas Gainsborough und Benjamin West zählen auch Francesco Bartolozzi und Paul Sandby zu den Meistern, die Elizabeths Wahrnehmung und ihre eigenen künstlerischen Werke beeinflusst haben. Regelmäßige Besuche der Akademieausstellungen und der umfangreichen Kunstsammlungen des britischen Königshauses machten sie außerdem mit bedeutenden Künstlern vertraut.

Zeit ihres Lebens beschäftigte sich Elizabeth mit unterschiedlichen Kunstgattungen: Sie fertigte Kopien berühmter malerischer und graphischer Werke, führte selbst verschiedene Drucktechniken aus, illustrierte Bücher, bemalte Stoffe, schnitt Silhouetten aus, widmete sich der Gestaltung der Inneneinrichtung der königlichen und landgräflichen Residenzen und stellte Gartenpläne her. Mit Begeisterung sammelte Elizabeth asiatische Lacke und führte selbst diverse Lackarbeiten aus, letztere sind im Homburger Schloss noch erhalten.

Lackarbeit Elizas

Elizabeth von Hessen-Homburg (zugeschrieben), Lacktafel, vor 1818, Papiermachétafeln, asiatischer Schwarzlack, europäische Lackmalerei

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Schmuckseite

Graf und Gräfin von Eberstein, Popular Tales on the Bank of the Neckar, Bd. 2, S. 199, Landgräfin Elizabeth von Hessen-Homburg (zugeschriebene Kopie), 1829, kolorierte Tuschezeichnung

Foto: Staatl. Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz

Scherenschnitt von Landgraf Friedrich Joseph

Silhouette, Album der Landgräfin Elizabeth, 1825-1829, Tusche auf Papier

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Schattenriss aus dem Album Elizas

Szene mit Kindern und Hund, Silhouettenband der Landgräfin Elizabeth, Tusche auf Papier

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Zeichnung eines Fachwerkhaus

Stadtansicht in Großbritannien (?), Bleistiftzeichnung (vermutlich nach Kupferstich), um 1834, Skizzenbuch der Landgräfin Elizabeth

Städtisches historisches Museum, Bad Homburg / Foto: Uwe Dettmar, 2020

Sammlerin

Von ihren Eltern König George III. und Königin Charlotte inspiriert begann Prinzessin Elizabeth seit dem letzten Jahrzehnt des 18. Jahrhundert eigene Sammlungen anzulegen. Ihr besonderes Interesse galt der Schabkunst (Mezzotinto), einer im England dieser Zeit populären Tiefdrucktechnik. Schabkunstblätter waren ein beliebter Ersatz anstelle von originalen Ölgemälden. Eliza brachte ihre kostbare Grafiksammlung, die aus etwa 20.000 Blättern bestand, sowie eine umfangreiche Bibliothek aus London nach Homburg. Zur systematischen Katalogisierung ihrer Graphiken und Bücher legte sie ein wissenschaftliches Verzeichnis an.

Leidenschaftlich sammelte Elizabeth auch kunsthandwerkliche Objekte, darunter Steingut und chinesisches Porzellan. Persönliche Geschenke erweiterten ihre Sammlung. Überliefert sind auch eigene Entwürfe für Porzellan, die nachweislich durch die Manufaktur KPM in Berlin ausgeführt wurden.

Hebe

Johann Jacobé nach John Reynolds, Hebe, 1780, Schabkunst

Foto: Staatliche Bücher- und Kupferstichsammlung Greiz

Kaffeetasse mit Untertasse

Kaffeetasse mit Untertasse aus dem Tee- und Kaffeeservice der Prinzessin Elizabeth, Porzellanmanufaktur Ludwigsburg, um 1818

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Becher

Becher mit bekrönter Initiale „E“ für Elizabeth“ mit Löwen und Blumenmalerei, um 1818, Anton Kothgasser, Wien (Zuschreibung), Glas, Gold, transparente Emaille-Malerei

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Terrine

Punschterrine, Porzellanmanufaktur Spode, Großbritannien, um 1805–10, Porzellan, Aufglasurmalerei, Vergoldung

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Blütenmotiv

Blütenmotiv als Verzierung für ein Kleinmöbel von unbekanntem Künstler, um 1800, Gouache auf Pappe

Foto: Uwe Dettmar, 2020

Gestalterin


Elizas Ankunft in Homburg führte zu einer großen Innovationsphase in ihrer Wahlheimat. Vor allem mit ihren finanziellen Mitteln wurde Homburg nach englischem Geschmack modernisiert. Georg Moller (1784-1852), der Oberbaudirektor von Darmstadt, lieferte die Pläne. Als Witwe empfing Eliza ihre Gäste im Speisesaal des Englischen Flügels, einem mit reichen Arabesken geschmückten Raum:

Speisesaal

Speisesaal im Englischen Flügel, Schloss Bad Homburg

Foto: Uwe Dettmar, 2020

In den Außenbereichen erweiterte und modernisierte die Landgräfin die bestehenden Gärten entlang der 1770 angelegten Tannenwaldallee; hier verband sie das „Schöne mit dem Nützlichen“ und es entstand auch eine Meierei nach englischem Muster. Die Erträge gingen nicht nur an die Hofküche, sondern kamen auch Armen und Waisen zugute.

Farblithografie der Tannenwaldallee

Meierei im Kleinen Tannenwald, Theodor Albert, um 1850, Farblithografie

Historisches Museum Frankfurt / Foto: Horst Ziegenfusz

Der Bau des Gotischen Hauses nach englischen Vorbildern außerhalb der Residenzstadt war Teil des umfangreichen Bau- und Sanierungsprogramms des Landgrafenpaares: Straßen wurden neu angelegt, darunter die Elisabethenstraße, das Amtshaus und das Rindsche Stiftshaus wurden neu gebaut. Das alte Rathaus wurde abgebrochen, seine Umgebung umgestaltet und das Untertor im gotisierenden Stil wiederaufgebaut.

Elizas Gartenreich

Einen prägenden Teil ihrer englischen Heimat fand Eliza im fernen Homburg wieder – die Gartenkunst. Als Eliza in Homburg eintraf, hatte sich der Ruf der englischen Landschaftsgärten bereits in ganz Europa verbreitet. Auch ihre Schwiegereltern, Landgraf Friedrich V. Ludwig und seine Frau Caroline, hatten seit den 1770er Jahren die Prinzipien des englischen Landschaftsgartens in der Homburger Landgrafschaft eingeführt, in diesem Sinne den Schlosspark umgestaltet und diese Gestaltung in der neu angelegten Landgräflichen Gartenlandschaft fortgeführt.

Aquarell eines Gartens

Partie im Englischen Garten, unbekannter Künstler, Mitte 19. Jh., Aquarell und Bleistift auf Papier

Städtisches historisches Museum, Bad Homburg / Foto: Uwe Dettmar, 2020

Durch ihr umfangreiches Wissen, ihre Sammeltätigkeiten, ihre Leidenschaft für Pflanzen und Gärten sowie nicht zuletzt durch ihre Kontakte in die alte Heimat wusste Eliza die Landgräfliche Gartenlandschaft zu bereichern. Mehr noch erlebten die Gärten durch ihr Wirken ab den 1820er Jahren eine Blütezeit. Von den von Eliza veranlassten Pflanzentransporten aus den Royal Botanic Gardens in Kew zeugen heute unter anderem noch die mächtigen Zedern im Schlosspark.

Das umfassende gartenkünstlerische Wirken Elizas wird im Rahmen der Ausstellung durch verschiedene Aquarelle, Zeichnungen und Gartenpläne gewürdigt.