Neue museale Präsentationen in Schloss Steinau

Mit der Eröffnung der beiden Ausstellungen Wurzeln und Flügel – Die Brüder Grimm und Steinau sowie Baukunst im Wandel – Die Geschichte des Schlosses Steinau setzen die Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG) neue Akzente in der musealen Vermittlung in Schloss Steinau an der Straße. Begleitet wird der Neustart durch die Wiedereröffnung des Museumsshops in neuem Design und den digitalen Zugang zur Sammlung Kosmos Grimm.

Nach der baulichen Erweiterung vor 500 Jahren ist Schloss Steinau heute als eines der wenigen Renaissanceschlösser Hessens in weitgehend authentischem Zustand erhalten. Ende des 18. Jahrhunderts prägte der Bau den Alltag der Brüder Grimm, die in Steinau ihre Kindheit verbrachten. Die beiden neuen Ausstellungen verbinden die emotionale Tiefe einer Familiengeschichte mit der faszinierenden Entwicklung einer frühneuzeitlichen Schlossanlage. Ich danke allen Beteiligten für die Realisierung dieses Projektes.

SG-Direktorin Kirsten Worms

Das Projektteam bestehend aus (v.l.) Dr. Kristina Deutsch, Roland Frank, Dr. Anja Dötsch, Dr. Katharina Bechler mit SG-Direktorin Kirsten Worms, Landrat Thorsten Stolz und Bürgermeister Christian Zimmermann 

Foto: Stefan Schmitt

Plakat zur Ausstellung 

©SG

Im Fokus der Ausstellung Wurzeln und Flügel – Die Brüder Grimm und Steinau steht die Familie Grimm als soziales Netzwerk und geistiges Fundament für das Werk der weltberühmten Brüder. Die Präsentation schlägt einen Bogen von der Kindheit der Grimms in Steinau über ihre akademischen Jahre bis hin zu ihren letzten Lebensabschnitten in Berlin.

Erstmals widmet sich ein Ausstellungsteil explizit den Frauen der Familie: Lotte, Dortchen, Malchen und andere werden in ihrer Rolle für den „Familienbetrieb Grimm“ gewürdigt. Zur Entwicklung dieses Ausstellungsbereichs sichteten Studierende des Lehrstuhls für Mittlere und Neuere Kunstgeschichte unter der Leitung Frau Prof. Dr. Martina Sitt (Universität Kassel) die Grimm-Sammlung der SG. Das bekannte Ölgemälde „Der Lotte ihre Stube“ von Ludwig Emil Grimm von 1821 wird ebenso präsentiert wie bislang unerforschte Werke.

Weitere historische Objekte wie das Tintenfass Jacob Grimms oder Originalzeichnungen von Ludwig Emil Grimm zeigen eindrucksvoll die kreative Energie der Familie. Kinder können in der Ausstellung mithilfe der Figur „Kater Gravus“ in die Märchenwelt eintauchen, während die Erwachsenen sich auf kunsthistorisch wie gesellschaftlich relevante Kontexte freuen dürfen.

Die Ausstellung macht deutlich, wie eng die Grimms mit Hessen verbunden waren – emotional, biografisch und wissenschaftlich. In Hanau geboren, verbrachten die berühmten Sprachforscher und Märchensammler in den Jahren 1791 bis 1798 einen prägenden Teil ihrer Kindheit in Steinau an der Straße. Immer wieder erinnern sich die Grimm-Geschwister in ihren Selbstzeugnissen an ihre glücklichen Kindertage in Steinau.

Die Ausstellung widmet sich den Brüdern Grimm, die ihre Kindheit in Steinau verbrachten.

Foto: Stefan Schmitt

Dabei steht die Familie im Fokus als wichtiges Fundament für die Werke der berühmten Brüder.

Foto: Stefan Schmitt

Auch die Frauen der Familie werden erstmals beleuchtet. Werke wie „Der Lotte ihre Stube“ von Ludwig Emil Grimm werden in der Ausstellung präsentiert.

Foto: Stefan Schmitt

Eingebettet ist die Ausstellung in die historischen Schlossräume, in denen sich kostbare Wandmalereien erhalten haben.

Foto: Stefan Schmitt

Kuratorin Dr. Kristina Deutsch führte bei der Eröffnung durch die Grimm-Ausstellung. 

Foto: Stefan Schmitt

Plakat zur Ausstellung 

©SG

Die baugeschichtliche Ausstellung Baukunst im Wandel – die Geschichte des Schlosses Steinau beleuchtet das Schloss als Zeugnis der frühen Neuzeit – begonnen als mittelalterliche Burg wurde es zum Renaissanceschloss mit repräsentativer Küche und Stubenappartements ausgebaut. Anhand historischer Schlosspläne, bauzeitlicher Fenstergewände, Treppentürmen und Verteidigungsanlagen wird der Wandel einer bedeutenden Herrschaftsarchitektur erlebbar. Auch die soziale Funktion des Schlosses als Unterkunft für Reisende, Witwensitz, und Verwaltungsbau wird aufgezeigt.

Die Bausubstanz aus rund 800 Jahren Geschichte zeigt verschiedene Spuren, die Erbauer und Schlossbewohner am Bauwerk hinterlassen haben und die einen Einblick in ihre Lebenswelten ermöglichen. Die Ausstellung informiert daher nicht nur über prächtige Überreste wie eine durch spätere Überbauung erhaltene Fassadenmalerei, sondern auch über zunächst unscheinbarere Befunde, wie eine Ofenklappe, die für den damaligen Umgang mit der noch heute aktuellen Problematik des Heizens steht.

Eine Besonderheit: Der Bastionsgrundriss des Schlosses lässt es wie eine Festung erscheinen, was jedoch vor allem als Ausdruck eines modernen, repräsentativen Anspruchs der Hanauer Grafen gedeutet werden kann – ein einzigartiges Beispiel für Renaissance-Architektur mit funktionalem Symbolgehalt.

In diesem Sinne ließen die Grafen von Hanau-Münzenberg auch die Innenräume prachtvoll ausstatten. Die qualitätvollen Wandmalereien mit Renaissance-Ornamenten und antikisierenden Porträtmedaillons zierten die Räume, in denen sich heute die Ausstellungen befinden. Durch die Neugestaltung wurden kostbare Wandgemälde wieder sichtbar, die zuvor teilweise von der vorherigen Ausstellungsarchitektur verdeckt waren.

Kurator Roland Frank führt durch die Ausstellung und zeigt dabei kostbare Wandmalereien. 

Foto: Stefan Schmitt

Ein Modell zeigt anschaulich den Bastionsgrundriss des Schlosses...

...Dieser lässt es wie eine Festung erscheinen, war jedoch vor allem Ausdruck eines modernen, repräsentativen Anspruchs. 

Stefan Schmitt

Digitale Erweiterung: Der Kosmos Grimm

Dank der Förderung des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur (HMWK) mit Mitteln des Hessischen Ministeriums für Digitalisierung und Innovation kann begleitend zur Grimm-Ausstellung der umfangreiche Grimm-Nachlass der SG ab sofort unter dem Titel Kosmos Grimm auf der Plattform museum-digital präsentiert werden und bereichert damit die Online-Sammlung der Schlösserverwaltung. Hier finden sich derzeit über 280, teils bislang unveröffentlichte Objekte aus dem Grimm-Nachlass – darunter Drucke, Zeichnungen, Alltagsgegenstände, Bücher, Manuskripte und Erinnerungsstücke, die wissenschaftlich erschlossen wurden. Dabei sind nicht nur Werke des künstlerisch tätigen Bruders Ludwig Emil Grimm Bestand der stetig wachsenden Online-Sammlung, sondern auch Jacob und Wilhelm Grimm zeichneten, radierten und malten selbst. Die Drucke und Zeichnungen umfassen Porträts von Familienmitgliedern, Freunden und Zeitgenossen, aber auch Reproduktionen bürgerlicher Bildwelten des 19. Jahrhunderts.

Mit QR-Codes in der Ausstellung wird dieses digitale Angebot unmittelbar im Schloss Steinau erlebbar gemacht. Doch auch unabhängig von einem Besuch ist die gesamte Online-Sammlung der SG frei verfügbar.

Museumsshop mit neuem Konzept

Auch der Museumsshop des Schlosses Steinau wurde im Zuge der Neueinrichtung der Ausstellungsbereiche neugestaltet. Zukünftig dürfen Besucherinnen und Besucher sich auf ein gänzlich neu präsentiertes Shop-Sortiment freuen: Hierbei wurde insbesondere der thematische Bezug zur Grimm-Familie wie auch zu den Bauepochen des Schlosses in der Produktauswahl aufgegriffen.

So findet sich im Shop eine umfassende Präsentation an Büchern, Spielwaren und Bekleidungsstücken zu der Märchenwelt der Grimms wieder. Dies dürfte insbesondere Kinderherzen höherschlagen lassen. Mittelalter-Fans können sich hingegen mit Produkten zum Burgenbau oder einem historischen Brettspiel begeistern lassen. Aber auch stilvolle Geschenkideen und Souvenirs für Erwachsene sind im Angebot enthalten. So konnte beispielsweise ein besonderer regionaler Akzent mit handgefertigten Keramikkunstwerken von Steffi Herz gesetzt werden, die eigens für das Schloss Steinau Becher, Dosen und Anhänger mit Märchenmotiv kreiert hat.

Die Ausstellungsbereiche inklusive des Museumsshops können ab sofort zu den Öffnungszeiten des Schlosses besichtigt werden. Hier finden Sie alle Informationen rund um Ihren Besuch.

Ausblick

Das Vermittlungsangebot in Steinau wird ab August durch eine Hörführung für Erwachsene auf Deutsch und Englisch in der neuen Kulturschätze-App der SG ergänzt.