Eine Schau der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen (SG) wirft neues Licht auf die bekannte Landgräfin Elizabeth von Hessen-Homburg (1770-1840). Das Ausstellungs- und zugleich Forschungsprojekt „Princess Eliza – Englische Impulse für Hessen-Homburg“ (bis 17. Januar 2021) verfolgt das Ziel, das kulturelle und landesgeschichtlich bedeutende, für innereuropäische Beziehungen stehende Vermächtnis der englischen Königstochter in Erinnerung zu rufen.
Die von Dr. Katharina Bechler kuratierte Ausstellung im Schloss Bad Homburg steht unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier. Sie würdigt Elizabeth, die 1818 in die Familie des Zwergstaates Hessen-Homburg einheiratete, jedoch erst im vorgerückten Alter von 47 Jahren. In den verbleibenden 23 Jahren entfaltete sie mit ihren Talenten, aber auch dank ihrer hohen Einkünfte aus Großbritannien, in der Landgrafschaft sowie an anderen deutschen Höfen ein segensreiches Wirken und hinterließ bemerkenswerte Kunstschätze von eigener Hand.
Bei der Eröffnungsfeier am Dienstagabend, den 22. September, in der Bad Homburger Schlosskirche nannte die Hessische Wissenschafts- und Kunstministerin Angela Dorn Elizabeth „eine bemerkenswerte Frau“. Die Landgräfin habe sich mit besonderer Tatkraft ausgezeichnet und ihre Visionen lebendig werden lassen, nach dem Satz des Philosophen Immanuel Kant, „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“. Das Werk Elizas sei heute als ein wichtiges Symbol interkultureller Verbindungen zu sehen.
Vor dem Hintergrund des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union, dieser „politischen Scheidung“, wirke es wie ein gutes Beispiel von Freundschaft nach, sagte Dorn. Auch die Geschäftsführerin des die Ausstellung fördernden Kulturfonds‘ Frankfurt RheinMain, die frühere hessische Kultusministerin Karin Wolff, bewertete die Bedeutung der Schau, die „einem das Herz erfreut“, in ihrer Ansprache als „nationale Ausstellung“.
Erstmals werden sämtliche private und öffentliche Beschäftigungen der Tochter des britischen Königs Georg III. (1738–1820) und dessen Frau Sophie Charlotte zu Mecklenburg-Strelitz (1744–1818) in einem Rahmen vorgestellt. Nicht nur die hochbegabte Künstlerin, Botanikerin und Gartengestalterin, sondern auch die moderne Stadtentwicklerin und Verwaltungsreformerin, Bauherrin und sozial Engagierte stehen im Fokus. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die bereits für den exakten Geburtstag am 22. Mai geplante Eröffnung auf den Herbst verschoben werden.
Die Ausstellung präsentiert Exponate zu den wichtigsten Interessen Elizabeths als Ehefrau des Landgrafen und Kriegshelden Friedrich VI. Joseph (1769-1829) sowie in ihrer Zeit als Witwe. Sie wird in zwei historischen Räumen veranstaltet, die sie baulich umgestalten ließ und die damit selbst Exponate sind. Zudem wird ihre ehemalige, von ihr selbst künstlerisch gestaltete und eingerichtete Witwenwohnung in einem Flügel des Schlosses mit attraktiven Stücken ergänzt. Sie kehren nach ihrem Tod zum ersten Mal wieder zurück. Das Thema Gartenkunst, das einen Schwerpunkt besetzt, vernetzt die Schau mit Präsentationen im Schlosspark und knüpft an die Landgräfliche Gartenlandschaft an, die an das Schlossareal angrenzt und vor Jahren von der Stadt Bad Homburg rekonstruiert wurde.
Die an der Ausstellung und dem Katalog beteiligten Expertinnen und Experten förderten zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse zu Tage. Die Direktorin der SG, Kirsten Worms, betonte, dass sich die Schlösserverwaltung bei dem Projekt auf fruchtbare regionale, nationale und internationale Kooperationen stützen konnte, insbesondere mit britischen Institutionen wie dem National Trust und der Royal Collection. So konnten neue Funde in Archiven, darunter in Wiesbaden, Darmstadt, Stuttgart, Greiz, Hannover, Potsdam, Berlin, London und Windsor, manche Lücke zur Biographie der Landgräfin schließen, insbesondere im Hinblick auf ihre botanischen Kenntnisse.
Als Sensation gilt die Entdeckung von Pflanzlisten in den Archiven der Londoner Kew Gardens, die zu den ältesten botanischen Gärten der Welt zählen. Sie belegen die Lieferungen von tausenden aus Großbritannien in den Taunus gelieferter Pflanzen. Die SG habe diese Listen für die weitere Forschung aufgearbeitet, als auch Teile ihrer wenig beachteten Sammlungen, darunter künstlerische Mappenwerke Elizas und ihre damals hochmodernen Möbel.
Nach den Worten der Kuratorin habe Eliza in London in einem „goldenen Käfig“ gelebt. Bechler sagte, dass Eliza die große Chance ihres Lebens als solche erkannt und wahrgenommen habe. Ein Schlüsselsatz zur Ausstellung, den die Landgräfin 1833 notierte, laute: „There is great satisfaction in feeling one in useful, at least to me it has ever been my ambition …“ (Es verleiht tiefe Befriedigung, wenn man das Gefühl hat, nützlich zu sein, zumindest war dies seit jeher mein Bestreben …) So habe sie sich in Hessen-Homburg mit einem „Feuerwerk an Aktivitäten“ ausgelebt und damit einen britisch-deutschen Kulturtransfer umgesetzt.
Elizabeth, die sich als beliebte Landesherrin stets wie eine Königstochter gefühlt habe, war eine umtriebige Person. Die Residenz habe unter dem Landgrafenpaar einen Reform- und Modernisierungsschub erlebt und die Wandlung Homburgs von einem Landstädtchen zur modernen Kurstadt initiiert. Ihre kreativen Fähigkeiten drückten sich vor allem in Gartengestaltung und einer ganzen Reihe künstlerischer Techniken aus, die sie beherrschte. Ihre Witwenwohnung glich einmal, so Worms, einem „Schatzkästlein“.
Viele Leihgeber machten es möglich, dass erstmals eine Fülle von Gegenständen aus Elizabeths Besitz, der nach ihrem Tod in alle Winde verstreut worden sei, zurück in die damalige Residenz im Taunus komme. die Kuratorin ließ gründliche Recherchen unter anderem zu Inventarlisten vornehmen um das über die Zeiten verunklarte Bild in der Residenzforschung wieder zu schärfen. So fiel die Hofhaltung von Elizabeth und ihrem Gatten wesentlich üppiger aus, als bisher angenommen worden war.
Im Imhof Verlag ist ein umfangreicher Katalog (29,95 €) erschienen. Die Website www.eliza2020.de führt in die Ausstellung ein.